Reutel

Die Bilder zeigen die Landschaft in der das 246. Reserve Infanterie Regiment während des Stellungskrieges ab dem 1. November 1914 seinen Dienst verrichtete. Die Gräben und einige andere Landschaftsmerkmale sind vollständig verschwunden, ebenso dürfte nach den gegenseitigen Bombardements kein einziger Baum aus der Zeit auf einem meiner Photos sein.

In den hundert Jahren nicht geändert haben sich die Straßen und Wege, der Verlauf des Reutelbachs, ein paar Häuser und das Höhenprofil der Landschaft.

Die Karte ist der Beilage zu [1931Orgeldinger] entnommen.

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Da erste Bild ist direkt von der Kreuzung im Norden Beselares. Hier ist man auf dem Weg zum Grabendienst immer vorbeigekommen. Eine Artilleriestellung lag rechts im Vorfeld. Am Horizont rechts (direkt an dem Haus mit der modernen Klinkerfassade) ist der (heutige Nachfolger des) Polygonwald zu sehen.

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Es folgt ein Panoramabild von der Straße nach Reutel auf halber Höhe mit einem Schwenk nach Süden in die Ebene. Wenn ich die Grabenkarte richtig lese, hat man diese Straße allenfalls Nachts benutzt, denn die (gewellten) Zugänge zu den Frontgräben zeigen, daß man von der Hautstraße Beselare - Zonnebeke durch die Felder des Höhenrücken zu den Frontgräben gelangte.

Auf mich macht die Gegend einen "fast flachen" Eindruck, die leichten Höhenunterschiede reichen bei weitem nicht an die des Remstals oder des Neckatals bei Untertürkheim oder Esslingen heran. Dennoch hat man ganz kurze An- bzw. Abstiege und taktisch mag es wahrnehmbare Vor- bzw. Nachteile geben.

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Das vorige Bild ist der Blick zurück nach Beselare, das folgende der Blick nach Süden in die Ebene. Darauf sieht man auf Polygonwald - immer noch von von derselben Stelle aus. Das Haus ist auf den alten Karten auch verzeichnet. In welchem Zustand es im November 1914 war, weiß ich nicht (vermutlich vollständig zerschossen).

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Der Wald in diesen Bildern ist Privatbesitz und abgezäunt. Daher kommt man an fast keine Stelle des ehemaligen Grabensystems. Das nächste Bild ist somit die nächste Annäherung an den Ort, wo nach Bekunden seines Regiments Karl Haug "am 11. Nov. 1914 Vormittags zwischen 11 u. 12 Uhr am Schützengraben etwa 20 m vom Feind" umkam (wobei ich die Möglichkeit in Betracht ziehe, daß er damals und dort verwundet wurde und erst am nächsten Tag starb, so daß das offizielle Todesdatum vielleicht doch der 12.11. ist).

Es gibt in dem Grabenabschnitt des 246. R.I. Regiments nur zwei Stellen, die 20 m vom Feind entfernt sind, und die südlichere der beiden möglichen Stellen ist in den folgenden beiden Bildern vorne rechts 10-20 m im Wald. Da er weiter südlich "im Park von Polderhok am gleichen Abend noch begraben" wurde, halte ich die südlichere Stelle für wahrscheinlicher und fuhr sie zuerst an. Das Bild ist somit auf die Stunde genau hundert Jahre danach gemacht; die andere Stelle bin ich erst eine Stunde später angefahren, nachdem ich mich im Tal und bei den Engländern umgesehen hatte.

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Diese Bilder sind fast im Tal. Auf dem letzten Photo sieht man den Reutelbach quer zur Straße. Die gegnerischen Gräben verliefen hier parallel zur Straße und waren ungefähr so weit auseinander wie die Baumgruppen am Reutelbeck.

Das nächste Bild ist zurück nach oben wo die Gräben mehr (links) im Wald verliefen. Es folgen Bilder von weiter unten in der Nähe des Reutelbecks, wo die Straße immer noch auf deutscher Seite lag.

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Erst das nächste Bild ist von englisch besetztem Gebiet aus gemacht (von halber Höhe aus). Man blickt zurück auf den Ausläufer des Polygonwald (links) und die lezten Häuser von Reutel (rechts).

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Wieder oben in Reutel bin ich dem Weg nach Norden gefolgt. Er ist die zunächst hinter der deutschen Front, dann lange zwischen den Fronten und im Norden hinter der englischen Front.

Den genauen Verlauf zu rekonstruieren habe ich aufgegeben, denn erstens war es zu windig, um mit der Karte (und dem Fahrrad) etwas zu suchen. Zweitens war ich nach einer vorläufig Analyse der Landschaft angewidert von der Sinnlosigkeit dieser Gräben, den sie verlaufen absolut willkührlich durch Äcker, Wiesen, Wälder, Hänge, Sümpfe und Bäche. Es geht mir gegen den Verstand, daß man auf solch einem Unsinn 4 Jahre unter Entbehrungen und Opfer beharren konnte.

Die 7th Division BEF war erst nach Kriegsbeginn aus heimbeorderterten Kollonialtruppen bunt zusammengestellt worden. Sie hatten keine taktische Erfahrung bezüglich Schützengräben, denn sie waren nicht an den Schlachten im August und September beteiligt gewesen, wo die Offiziere aller Nationen das lernten. Die Gräben, die die 246-er Anfang November eroberten und 4 Jahre hielten, waren von der 7th Division Mitte Oktober angelegt worden, als sie sich von den Dauermärschen erholen wollten und mit dem Vormarsch nach Menen zögerten, weil sonst noch zu wenige Truppen (BEF und franz.) in der Gegend operierten. Nachdem sie fast vollständig aufgerieben wurden, übernahm die 1st Division BEF (und eventuell sogar Teile der 2nd Division) ihre Stellungen. Deren Offiziere übten zwar Kritik an der Taktik und dem Verlauf der Gräben, aber keine Seite (dt, engl, fr) fiel zurück auf sinnvollere, einfacher zu haltenden Gräben. Statt dessen gab es immer wieder verlustreiche Offensiven aus diesen Gräben heraus (mit gelegentlichen Frontveränderungen im Meter-Bereich).

Das folgenden Bild zeigt Karl Haugs Todesort (wieder die südliche Vermutung) vom Höhenzug oben aus (50-70 m entfernt).

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Ab jetzt kommen Bilder aus dem Niemandsland. Wenn die Kirche von Beselare zu sehen ist, schaut man auf die deutsche Stellungen, sonst auf die britischen.

Auf der deutschen Seite ist manchmal ein Haus mit Reiter zu sehen (links oder Bildmitte). Dort (oder etwas nörlich davon) krochen die 246-er in ihr Tunnel- bzw. Grabensytem.

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Das letzte Bild oben, das mich als Landschaftphotograph endlich wieder anspricht (wengleich ich es wegen der Fabrik rechts aus ästhetischen Gründen so nicht gemacht hätte), zeigt den zweiten (nördlichen) Punkt, wo Karl Haug verwundet bzw. getötet worden sein könnte. Da ich zuvor schon aufgehört hatte, die Gräben in der heutigen Landschaft zu orten, kann ich den Ort allerdings nicht genauer angeben.

Zum Schluß ein Bild südlich von Beseleare in der Gegend von Poezelhoek. Schloß und Park Polderhoek, wo Karl Haug am 11. November 1914 (wahrscheinlich) beigesetzt wurde, liegen westlich von hier. Dort verläuft heute das Ende der Ausbaustrecke der Autobahn A 19, eine 15 m tiefe Rinne in der Landschaft.

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[1931Orgeldinger]L. Orgeldinger Das Würrtembergische Reserve-Infanterie-Regiment 246